Bildung & Gesellschaft

Beantworten Sie diese acht Fragen und klären Sie ein für allemal, ob auch für Sie gilt: „Wir sind alle individuell!“ – „Ich nicht!“
1) Wann melden Sie sich für eine Tagung an?Q Wenn meine Chefin es sagt.p Der frühe Vogel ...D ... kann mich mal.P Wenn mein Sekretär mich daran erinnert.q Wenn am Institut rumgeht, dass die Kollegen alle hingehen.b Huch – bis wann ging das nochmal?2) Wo sind Sie während der Vorträge?p Da, wo ich hingehöre – auf der Bühne natürlich!b Ich sitze im vorderen Drittel auf der linken Seite, etwa in der Mitte der Reihe.q Ich sitze Mitte Mitte, wo mich alle gut sehen können.D Ich warte mit meinen Leuten im Foyer. Gibt doch gleich Kaffee, oder?Q Ich sitze hinten. Da fällt nicht so auf, wenn ich schnarche.P Mir egal. Hauptsache, mich stört keiner beim Tippen.3) Was haben Sie während der Tagung an?D Was meine Frau mir rauslegt.p Wie immer den gedeckten roten Blazer. Fällt auf und hat Wiedererkennungswert.P Ach, das von gestern geht noch ...q Jackett und Hemd, steif gebügelt.Q Kapuzenpulli und Jeans, was sonst?b Meine Tagungshose. Die ist aus Cord, wärmt und ist superbequem.4) Was präsentieren Sie den anderen Teilnehmern?b Nichts.Q Mein Poster.p Meine jüngsten Ergebnisse.q Mich.D Wie man Freundschaften pflegt.P Fast das Gleiche wie auf der letzten Tagung, aktualisiere es gerade.5) Das Konferenzdinner ...p hat mir Zeit gegeben, mit meinen Tischnachbarn Überschneidungen bei ihren und meinen Projekten zu identifizieren.P war mir nicht wichtig genug, um noch da zu bleiben.b war ganz nett, aber der Wein war früher besser.D hat Spaß gemacht, hatte ja die gleiche Tischrunde wie beim letzten Mal.q war komisch. Wieso wollte sich keiner zu mir setzen?Q war zwar teuer, aber das Essen war echt besser als in der Mensa.6) Als Hotel haben Sie sich ausgesucht:p Ein schönes, aber nicht zu teures.P Keins. Ich reise gleich weiter.D Das, in dem die anderen auch sind.q Dieses luxuriöse, relativ nah an der Tagungsstätte.b Das, in dem ich mich schon immer einbuche.Q Wie jetzt? Ich dachte, es geht nur die Jugendherberge?7) Das Beste an der Tagung:D dass sie wieder vorbeigeht.Q Bier und Brezen.p Kooperationspartner und neue Informationen.b Schwer zu sagen. War wie immer.q Ich konnte unglaublich viele nützliche Tipps geben.P Der Vortrag für nächste Woche ist schon fertig, ich nehme nämlich einfach den gleichen.8) An wie vielen Tagungen nehmen Sie jährlich teil?p An so vielen wie möglich, ohne dabei meine Forschung einschränken zu müssen.q An allen, zu denen man mich zulässt.Q An allen, zu denen ich soll.D An allen, zu denen mein Kumpel Thomas auch fährt.P An so vielen wie nötig.b An allen in schönen Städten.Zählen Sie die Symbole: Q p D P q b Was Sie am häufigsten angekreuzt haben, verrät Ihren Typ.<h2>Q: Sie sind Frischling</h2>Tagungen – nun, Tagungen. Schön, mal andere Doktoranden zu sehen und kennenzulernen! Schade nur, dass Sie sich keine Inspirationen für Ihr Thema holen können, denn dummerweise präsentieren alle, die ein ähnliches Forschungsgebiet bearbeiten wie Sie, ihre Poster zur gleichen Zeit – und Sie müssen ja vor Ihrem Poster stehen. Ob Sie sich nachher trauen, Professor X wegen eines Postdoktorats anzusprechen? Mit seinen Doktoranden haben Sie immerhin gestern Abend schon genetzwerkt. Gut, die Jugendherbergsleitung ließ sich nicht direkt überzeugen, dass Bier und Brezen quasi sozialer Kitt sind, aber als Sie heute Mittag aufgestanden sind und gleich geholfen haben, alles wegzuwischen, hat sie vom Strafgeld abgesehen.<h2>D: Sie sind Tagungsmuffel</h2>Tagungen, ja, die sind irgendwie nötig. Das wissen Sie. Aber wissen und mögen sind zwei unterschiedliche Dinge, und Selbstpräsentation ist genauso wenig Ihre Stärke wie Netzwerken. Glücklicherweise gibt es ja immer zwei oder drei alte Studienkollegen, die auch Professoren geworden sind. An die kann man sich wunderbar dranhängen. Und sie leisten Orientierungshilfe, denn Sie selber sind sich gar nicht so sicher, ob Sie gerne im nächsten Vortrag wären oder doch lieber ganz woanders. Wenn Sie sich in der Mitte Ihrer Freunde aufhalten, fallen Sie auch gar nicht so auf. Und neue Kontakte knüpfen ist ja praktisch weder möglich (schließlich sind Sie umzingelt) noch notwendig (Sie kennen schließlich schon alle, die Sie brauchen, apropos, wollte nicht der Thomas kooperieren?). Am Ende der Tagung ist es doch einfach schön, die alten Kumpane mal wiedergesehen zu haben.<h2>P: Sie sind Hacker</h2>Tagungen. Schön und gut, die Dinger, aber das Zeitmanagement! Sie haben so viel zu tun, eigentlich immer, und so eine Tagung ist ein echter Zeitfresser. Und vortragen sollen Sie auch noch. Na gut, immerhin sind Sie ja erst mittags dran – Sie haben also während des Morgens noch genügend Zeit, versunken in Ihrem Sitz Ihre Mithörer mit Tastaturgeklapper zu belästigen, denn Zeit, Ihren Vortrag vorzubereiten, hatten Sie natürlich vorher nicht. Und da kommt auch gerade noch eine Mail mit dem neuesten Paper-, Antrags- oder xxx-Entwurf. Gut, dass Sie gleich nach Ihrem Vortrag weiterfliegen können. Eigentlich reine Zeitverschwendung, diese Tagungen.<h2>p: Sie sind Tagungsprofi</h2>Tagungen. Tagungen? Zum Glück haben Sie gelernt, wie man selbstbewusst tut, obwohl man Angst hat. Oder Sie sind einfach so überzeugt von sich, dass Ihnen die ganze Situation nichts anhaben kann. Den Satz „Das ist ein interessanter Aspekt, der aber so viel Zeit beansprucht, dass wir uns gerne in der Pause darüber unterhalten können“ haben Sie so lange vor dem Spiegel geübt, bis sogar Ihre Mutter Ihnen abgenommen hat, dass Sie genau über das Thema Bescheid wissen. Sie nutzen Tagungen, um mögliche Kooperationspartner und andere Habilitanden kennenzulernen. Und so ganz nebenbei mal herauszufinden, wer außer Ihnen sich noch für das x-Millionen-Euro-Stipendium beworben hat. Freunde nah, Feinde noch näher halten – wo ginge das besser als auf einer Tagung?<h2>q: Sie sind Overseller</h2>Tagungen. Tagungen! Die Gelegenheit, zu zeigen, was man kann. Zu Gunsten der Jüngeren haben Sie großzügig darauf verzichtet, einen Vortrag zu halten. Aber einige wichtige Fakten aus Ihrem Hinterkopf sind sicher hilfreich. Darum ist Ihre Hand immer als erste oben, sobald Fragen gestellt werden dürfen. Und mindestens drei Viertel Ihrer Fragen enthalten „Das haben wir ja schon vor (beliebige Zahl zwischen 1 und 180) Monaten gezeigt“, natürlich in variabler Formulierung. Gerne verweisen Sie auch auf die Arbeiten von Müller/Schmidt/Mustermann in den 1950er Jahren. Ihre Kollegen schätzen Sie für Ihre Allwissenheit. Sie fragen sich nur, warum niemand mit Ihnen kooperieren will.<h2>b: Sie sind Patriarch</h2>Tagungen? Die haben Sie eigentlich gar nicht nötig. Sie sind schon ewig dabei, die neueste Forschung liegt bei Ihnen schon jahrelang im Schrank, und sollten Sie tatsächlich mal was Spannendes in einem Journal finden, kontaktieren Sie den Autor ohnehin sofort und persönlich. Sie sind schon so lange dabei, dass Sie nur noch an Tagungen teilnehmen, um zu zeigen, dass es Sie noch gibt. Die Kollegen kennen Sie so gut, dass sie in der Mitte der achten Reihe schon eine Heizdecke für Sie angeschlossen haben.Illustrationen: Maike Hettinger

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Test: Welcher Typ Tagungsteilnehmer sind Sie?

Beantworten Sie diese acht Fragen und klären Sie ein für allemal, ob auch für Sie gilt: „Wir sind alle individuell!“ – „Ich nicht!“ 1) Wann melden Sie sich für eine Tagung an?Q Wenn meine Chefin es sagt.p Der frühe Vogel ...D ... kann mich mal.P Wenn mein Sekretär mich daran erinnert.q Wenn am In...

Ein Projekt verbindet Künstler und Wissenschaftler. Sie tauschen Leidenschaft, Wissen, Arbeitsweisen und Erkenntnisse aus. Damit lassen sich keine wissenschaftlichen Probleme lösen, aber die Konfrontation erzeugt eine gemeinsame Wertebasis. Die Initiatoren berichten.
Ich wurde mal gefragt: „Rodrigo, welche berufliche Herausforderung hat Dich veranlasst, Dich an Künstler zu wenden? Welches Problem hat Dich sagen lassen: Um diese Frage zu beantworten, muss ich mit einem Künstler zusammen arbeiten?“ Diese Frage geht am Konzept des Programms Klas (Knowledge Link through Art and Science) völlig vorbei. Denn es war ganz anders.Die Idee, Wissenschaft und Kunst zu verbinden, entstand während meiner Arbeit am Rasterkraftmikroskop. Bauarbeiten in der Nachbarschaft beeinträchtigten meine Messungen und machten mich fast wahnsinnig – schließlich brauchte ich die Daten, um mit meiner Doktorarbeit voran zu kommen. Da kam mir der Gedanke, was passieren würde, wenn so ein Hintergrundgeräusch mit Absicht da wäre: Wie würde das Rasterkraftmikroskop etwa auf Musikvibrationen reagieren? Wie könnte ein Künstler auf das Gerät einwirken? Könnte er das Rasterkraftmikroskop auf eine Weise instrumentalisieren, die wir Wissenschaftler uns gar nicht vorstellen können? Die Idee zu Klas war geboren.1)Meiner – damals etwas monotonen – Arbeit etwas Magie zu verleihen und sie in eine andere Art von Forschung zu überführen begeisterte mich so sehr, dass ich von der Idee nicht mehr abließ. Ich versammelte Freunde um mich – alle Experten auf unterschiedlichen Gebieten –, und das Projekt nahm Gestalt an. Klas entstand, um spielerisch Interaktion zu schaffen, in dem Glauben, dass Austausch und gegenseitige Befruchtung – von Leidenschaft, Wissen, Arbeitsweisen und Erkenntnissen – gut ist.2)<h2>Neugierde verbindet</h2>Wissenschaft und Kunst fußen auf dem menschlichen Bedürfnis, sich etwas anzueignen. Beide wurzeln in Neugierde, Verständnis und dem Bedürfnis, etwas zu erschaffen, zu modellieren. Künstlerische und wissenschaftliche Praxis ergänzen einander; die besten Wissenschaftler haben das schon immer gewusst. Max Planck, Nobelpreisträger und außergewöhnlich guter Pianist, schrieb in seiner Autobiografie: „Ein Wissenschaftler muss eine lebhafte intuitive Vorstellungskraft für neue Ideen haben.“ Kreativität ist eine kognitive Fähigkeit, die wie keine andere Entfaltung, Erweiterung und Pflege benötigt.3)Die Interaktionen zwischen den Künstlern und den Wissenschaftlern haben neue Ideen erzeugt und die Beteiligten über eigene Werte und Herangehensweisen reflektieren lassen. Wenn die Grenzen zwischen Kunst und Wissenschaft aufgehoben werden, treten dynamische Kraft und Vielfalt zutage.<h2>Gemeinsam verändern</h2>Bei den Forschern arbeiteten nun zwei Gruppen zusammen, die zuvor nichts miteinander zu tun hatten: die eine vom Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie und die andere vom Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung. Sie starteten Klas gemeinsam, das zwei Artists-in-Residence-Stipendien an Künstler vergab. Diese arbeiteten in vier Forschungsgruppen für synthetische Biologie: in der Gruppe für Zellstoffwechsel, für Zellorganellen, für Molekulardynamiksimulationen und für molekulare Genetik.Zusätzlich gab es eine Veranstaltungs- und Diskussionsreihe zu Themen wie Wissenschaft in der Gesellschaft. Der erste Klas-Workshop fand letzten November statt.4) Es ging um Kunst-Wissenschafts-Kooperationen, aber auch um die Ethik des Biohackings oder die Umgestaltung von Lehrplänen. Forscher und Künstler waren sich nicht immer einig, und manche Forscher akzeptierten eine solche Verbindung von Kunst und Wissenschaft nicht. Wir hoffen, dass sie noch verstehen werden, wie Kunst der Wissenschaft helfen kann, sodass sie das Projekt wertschätzen werden.<figure><img src="https://media.graphcms.com/XKJ6fN1pSCGrOmXbdMVg"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Maximilian Schich, deutscher Professor für „arts and technology“ an der Universität in Dallas, erklärt beim Klas-Workshop den Hermeneutic Hypercycle, seine Art, ein Kunstwerk zu interpretieren. Sie verbindet den klassischen Auslegungsansatz für ein Kunstwerk mit dem Zitronensäurezyklus.</figcaption></figure>
<h2>Interdisziplinär forschen</h2>Es geht nicht um die direkte Wirkung, die solche interdisziplinären Diskussionen haben können. Zwar haben Forscher sich während des Projekts verändert – und damit auch ihre Arbeitsweise. Aber nicht nur die Interaktionen zwischen Künstlern und Wissenschaftlern sind für die Gesellschaft wichtig, sondern auch das Zusammenspiel von wissenschaftlicher Forschung und Kunstforschung. Klas möchte daran arbeiten und die Grenzen zwischen Erfindergeist und Kreativität sprengen. Welcher Ort wäre dafür besser geeignet als Deutschlands erfolgreichste Forschungsorganisation?Caterina Benincasa studierte in England Physik und Philosophie. Sie unterrichtete an der Akademie der schönen Künste in Sassari, Italien, und arbeitete am MPI für Wissenschaftsgeschichte in Berlin. Rodrigo Pérez-García ist Chemiker, den Punkte interessieren, an denen sich Kunst und Wissenschaft berühren. Er ist Doktorand am MPI für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam. Beide sind Mitgründer des gemeinnützigen Vereins für interdisziplinäre Forschung und Aktivitäten in Kunst und Wissenschaft Polyhedra. Ein Interview mit den beiden sowie Bild- und Tondokumente der Künstler stehen im Online-Magazin Chemistry Views unter <a href="https://doi.org/10.1002/chemv.201700107" target="_blank">https://doi.org/10.1002/chemv.201700107</a> Brigitte Osterath übersetzte den Text aus dem Englischen.
<ul><h2>Literatur</h2><li>
1 <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://klas.mpikg.mpg.de/" target="_blank">https://klas.mpikg.mpg.de/</a></ext-link></li><li>
2 J. Holden, Asia Pacific Journal of Arts &amp; Cultural Management, 2009, 6, 447. <ext-link ext-link-type="uri"><a href="http://apjacm.arts.unimelb.edu.au/article/download/18/14" target="_blank">http://apjacm.arts.unimelb.edu.au/article/download/18/14</a></ext-link></li><li>
3 J. Ferguson, Sciart Magazine. <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.sciartmagazine.com/on-topic-art-as-a-means-of-scientific-discovery--the-art-of-science-learning.html" target="_blank">www.sciartmagazine.com/on-topic-art-as-a-means-of-scientific-discovery--the-art-of-science-learning.html</a></ext-link></li><li>
4 Der Klas-Workshop fand auf dem Science Campus in Potsdam-Golm statt, finanziert von der Max-Planck-Gesellschaft und der Schering-Stiftung. Weitere Unterstützer waren der Wissenschaftspark Potsdam-Golm, die Eres-Stiftung, der Deutsche Akademische Austauschdienst, die Max-Planck-Alumni-Vereinigung und die Zeitschrift Leonardo.</li></ul>

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