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Stichwortregister Der Buchstabe nach dem Titel kennzeichnet den Typ des Beitrags: A: längerer Artikel oder Aufsatz, A(T): Trendbericht, B: Rezensionen, Software — Kurz notiert, I: Interview, L: Leitartikel, N: Notiz, kürzerer Beitrag, T: Tagungsbericht. A Actinide Alles über die Chemie der ∼n...

Beruf + Karriere

Vor einigen Jahren habe ich die perfekte Ernährung entdeckt — die Weindiät [Nachr. Chem. 2012, 60, 111]: Rotwein, hochprozentige Schokolade, frisches Obst und Beeren — schon bin ich mit allen Antioxidantien dieser Welt ausgestattet und vor jeglicher Oxidation geschützt. Der Wein bringt natürlich Ethanol mit sich, und der will abgebaut werden. Den Abbau erledigt die Alkoholdehydrogenase; die braucht Zink.
Zink kann insbesondere bei Männern knapp werden, während bei Frauen eher das Eisen problematisch zu sein scheint. Also gehe ich mal lieber auf Nummer Sicher und in den Drogeriemarkt und schaue nach Zinktabletten. Ich finde eine ganze Regalwand mit Elementen — nicht nach dem Periodensystem geordnet, sondern alphabetisch — Bor, Calcium, Chrom, Eisen … — huch, das kann ja eine Weile dauern, bis ich zum Zink komme. Andererseits will ich jetzt auch genau wissen, was es so an anorganischen Köstlichkeiten gibt und wozu sie gut sein könnten.
Calcium und Eisen sind klar, aber wozu brauche ich Bor? Anscheinend hilft es bei der Regulierung des Calcium-Haushalts, verrät mir das Buch “Biochemie der Elemente” von Waldemar Ternes. Bormangelkrankheiten gibt es, aber nur selten. Borverbindungen sind auch im Wein enthalten, also bin ich mit meiner Weindiät schon auf der sicheren Seite.
Dass ich Chrom noch woanders als auf dem Lenker meines Fahrrads brauche, war mir bisher nicht bewusst. Nach Ternes sind die 35 Mikrogramm, die ich pro Tag benötige, in der normalen Ernährung enthalten. Nur wenn ich unter Diabetes oder intensiver sportlicher Betätigung leiden sollte, müsste ich Chrom einnehmen, da der Körper es in diesen Extremfällen des Daseins verstärkt ausscheidet.
Iod und Kalium für einen gesunden Körper leuchten mir ein, Kupfer gerade eben auch noch, obwohl Kupferenzyme in höheren Lebewesen eher selten sind. Mangan? Entschuldigung, da habe ich wohl im Biologieunterricht gefehlt. Ternes verrät mir, dass dieses Übergangsmetall — außer im anorganischen Grundpraktikum — auch als Mn2+ in der Nahrung vorkommt. Das beruhigt mich schon mal, denn dieses Ion ist deutlich weniger giftig als das stark oxidierende Permanganat. Und oxidiert werden will ich keinesfalls, deshalb trinke ich ja den Wein. Zweiwertiges Mangan ist in Grundnahrungsmitteln wie Mehl enthalten, und die durchschnittliche Aufnahme eines Menschen liegt deutlich über der benötigten Dosis. Das brauche ich also nicht zu kaufen.
Selen gibt es im Laden auch, aber wenn man es auf die Haut bekommt, produzieren die dort ansässigen Mikroben einen extrem unangenehmen Geruch — für mich eine der eindringlichen Warnungen aus dem ersten Semester, die ein Leben lang unvergessen bleiben. Isst ein Mensch zu wenig Selen, so erhöht sich sein Krebsrisiko, nimmt er hingegen zu viel, kann das zu Diabetes führen. Genauere Untersuchungen zu meinem Selen-Konsum stehen noch aus.
Die Elemente Tantal bis Yttrium überspringen wir mal und dann — ganz am Ende des Regals — kommen wir endlich zum Zink. Selbstverständlich gibt es nicht nur eine Sorte Zinktabletten. Zur Wahl stehen Zink plus Kupfer, Zink mit Calcium und Magnesium, Zink mit Vitaminen und so weiter. Ich nehme Zink als Chelatkomplex. Der Gedanke an den Chelatliganden gibt mir ein Gefühl der Geborgenheit — eine chemische Umarmung.
Alternativ gäbe es noch ein Multimineralprodukt mit zehn Elementen auf einmal sowie diverse Elementkombinationen und Mischungen von Elementen mit Vitaminen mit und ohne Aminosäuren. Insgesamt stehen da 78 verschiedene Produkte in der Kategorie Mineralstoffe. Sollte ich jemals zuhause ein Chemielabor einrichten wollen, dann weiß ich schon, wo ich mit den Einkäufen anfange. Außerdem könnten die vielen Plastikfläschchen der Chemieausbildung dienen — Studis im Praktikum könnten analysieren, welche Elemente wirklich darin enthalten sind.
Dann entdecke ich am Regal noch ein Schild mit dem Aufruf: “SOS: Save our Supplements!” Anscheinend ist der Kult der Mikronährstoffe — wie so viele andere angelsächsische Eigenheiten auch — von Regelungen aus Brüssel bedroht. Die EU hat schon im Jahr 2002 Obergrenzen für die Dosierung von Inhaltsstoffen in Nahrungsergänzungsmitteln erlassen, die in Deutschland und den meisten anderen Ländern der Union bereits gültig sind — aber nicht in Großbritannien. Zurzeit läuft eine Petition an die englische Regierung, die EU-Regelung nicht umzusetzen, damit jeder soviel Elemente schlucken kann, wie er will.
Michael Groß
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