Wissenschaft + Forschung

Photoangeregte Nitroaromaten (2) gehen mit vielen elektronisch verschiedenen Olefinen (1) eine Radikaladdition mit sofort folgender 1,5-Diradikalkupplung zu intermediären 1,3,2-Dioxazolidinen ein. Diese sind als Stickstoffanaloga der Primärozonide in der klassischen Ozonolyse von Alkenen aufzufassen. Sie sind thermodynamisch stabiler als Alkene, spalten aber unter hydrolytischen Bedingungen ebenfalls in einer Retro-[3+2]-Cycloaddition zu den Carbonylverbindungen (3) und dem aus (2) resultierenden Arylhydroxylamin, das mit Harnstoff oder N-Phenylmaleinimid aus dem Reaktionsgemisch entfernt wird. Elektronenreiche Olefine reagieren selektiv in Gegenwart elektronenärmerer, und die Selektivität lässt sich durch das Substitutionsmuster des Nitroaromaten (2) erhöhen. UJ<img alt="image" src="https://media.graphassets.com/tFwPj3QJR3qbzT8e7kMV"><ul class="references" xml:id="nadc20224132745-bibl-0017" style="numbered" cited="no"><li xml:id="nadc20224132745-bib-0017">Nature 2022, 610, 81</li></ul>

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Nitroaromaten statt Ozon in oxidativen Olefinspaltungen

Photoangeregte Nitroaromaten (2) gehen mit vielen elektronisch verschiedenen Olefinen (1) eine Radikaladdition mit sofort folgender 1,5-Diradikalkupplung zu intermediären 1,3,2-Dioxazolidinen ein. Diese sind als Stickstoffanaloga der Primärozonide in der klassischen Ozonolyse von Alkenen aufzufas...

Lipoxine und Resolvine sind Verbindungen, die im Körper das Auflösen von Entzündungsprozessen stimulieren. Entdeckt und beschrieben haben Biochemiker diese Stoppsignalgeber bereits vor über drei Jahrzehnten; inzwischen gehören sie fast schon zum Lehrbuchwissen. Aber eine wachsende Gruppe von Forschenden warnt jetzt, dass die Wissenschaft sich hier auf einem Irrweg befinde.Im Jahr 1984 beschrieb Charles Serhan, damals Postdoc am Karolinska-Institut in Stockholm, ein Lipidmolekül namens <link href="#nadc20224132822-fig-0001">Lipoxin, das, wie sich später herausstellte, Entzündungen im Körper abschaltet.1) Zuvor hatte man geglaubt, dass sich Entzündungen im Körper einfach zerstreuen, wie Menschen nach dem Ende einer Demonstration. Das Konzept der Entzündungsauflösung geht stattdessen davon aus, dass Moleküle wie Polizisten intervenieren und dadurch die Versammlung ein Ende findet.<figure xml:id="nadc20224132822-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/WP9SxLpmTkSRpkLs1cB5"><figcaption><label>Abb.1: </label>Fettreiche Fischer wie Makrelen enthalten Omega-3-Fettsäuren. Diese gelten als Bausteine für entzündungsauflösende Mediatoren und daher als besonders gesund. Inzwischen stellen einige Wissenschaftler das Konzept der Entzündungsauflösung in Frage. Bild: JackF / Adobe Stock</figcaption></figure></figure>Nach und nach fanden und beschrieben Serhan, inzwischen am Harvard Medical Institute, und seine Mitarbeitenden mehrere Moleküle mit dieser Funktion: die spezialisierten entzündungsauflösenden Mediatoren (specialised pro-resolving mediators, SPMs). Zu ihnen zählen die Lipoxine, die Resolvine, die Protektine und die Maresine, allesamt trihydroxylierte Derivate polyungesättigter Fettsäuren. Sie sollen mit ein Grund sein, warum Omega-3-Fettsäuren so gut für uns sind, denn SPMs sollen letztlich aus diesen Nahrungsbestandteilen entstehen.Hunderte Forschungsgruppen rund um die Erde sprangen auf den Zug auf: Sie erforschten und erforschen die Eigenschaften und Funktionen dieser Verbindungen. Besonders interessieren sie sich dafür, wie sich SPMs für medizinische Zwecke einsetzen lassen: Statt wie bisher die Bildung entzündungsauslösender Verbindungen − beispielsweise Leukotriene und Prostaglandine − zu hemmen, ließe sich die Bildung ihrer Gegenspieler, der entzündungsauflösenden Lipidmediatoren, steigern, um so entzündliche Krankheiten wie Atherosklerose und Rheuma zu behandeln. Wie eine klinische Studie der Phase 1 letztes Jahr ergab, könnte ein lipoxinbasiertes Mundwasser Zahnfleischentzündungen reduzieren.2)Aber eine internationale Gruppe von Forschenden meint nun, dass diese Moleküle zu viel Aufmerksamkeit bekommen. „Das Konzept, dass SPMs die Auflösung von Entzündungen vermitteln, erscheint plausibel, aber wenn man genauer hinguckt, gibt es viele offene Fragen“, sagt Stefan Offermanns, Pharmakologe am Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim. Und Dieter Steinhilber, Professor für pharmazeutische Chemie an der Universität Frankfurt, fügt hinzu: „Es ist sehr fraglich, ob diese Verbindungen im Körper in ausreichender Menge gebildet werden, um irgendwelche Wirkungen auszuüben.“<h2 type="main">Peaks oder keine Peaks?</h2>In einem Review in Frontiers in Pharmacology, das im März 2022 erschien, fassten 18 Autoren und Autorinnen ihre Zweifel am Konzept der SPMs <link href="#nadc20224132822-fig-0002">zusammen.3) Einige von ihnen haben selbst an SPM geforscht, aber frustriert aufgegeben, als sich publizierte Daten nicht reproduzieren ließen. Zu ihnen gehört Nils Helge Schebb, Leiter des Lehrstuhls für Lebensmittelchemie an der Universität Wuppertal. Sein Team und er untersuchen seit mehr als zehn Jahren, wie die Ernährung die Entstehung von Lipidmediatoren beeinflusst. Daher weckten SPMs sein Interesse. „Aber auch mit den besten analytischen Methoden konnte ich nicht bestätigen, dass sie gebildet wurden.“<figure xml:id="nadc20224132822-fig-0002"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/VizNzk2ZRUiuJo2fbWLn"><figcaption><label>Abb.2: </label>Charles Serhans Paper aus dem Jahr 1984, in dem er erstmals Lipoxin beschrieb.1) Damit begann die Geschichte der entzündungsauflösenden Mediatoren.</figcaption></figure></figure>Nachweismethode der Wahl für diese Verbindungen ist die Kopplung von Flüssigkeitschromatographie mit Massenspektrometrie (LC-MS); Extraktions- und Analyseprotokolle haben Charles Serhan und sein Team entwickelt.4) Schebb reiste zum Labor von Jesmond Dalli, Professor für molekulare Pharmakologie an der Queen Mary University of London und ehemaliger Postdoc von Charles Serhan. Dalli forscht ebenfalls an SPMs. „Dort habe ich festgestellt, dass die Forschenden, die SPMs detektieren können, eine nicht übliche Definition der Nachweisgrenze verwenden“, sagt Schebb. „Um es provokant zu sagen: Sie nehmen das Rauschen ihres Geräts und werten dieses als Signale.“Ein Hauptkritikpunkt von Schebb und Co-Autor:innen: Viele Forschende beachteten beim SPM-Nachweis nicht die allgemein anerkannten Analytikstandards für die Nachweisgrenzen. Diese schreiben vor, dass Peaks nur dann als solche zu werten sind, wenn das Signal dreimal so groß ist wie das Rauschen dahinter. Nur, wenn ein Signal fünfmal über dem Rauschen liegt, ist es sinnvoll, die dahinterstehende Verbindung zu quantifizieren. In vielen Laboren, die sich mit SPMs befassen, spiele die Höhe des Rauschens jedoch keine Rolle. „Ein Großteil der Konzentrationen, die berichtet werden, sind unterhalb von dem, was mit den beschriebenen Methoden überhaupt detektierbar ist“, fasst Nils Helge Schebb zusammen.Bereits im Dezember 2021 hatten Schebb, Steinhilber und ein Dutzend weiterer Autor:innen ihre Kritik an der SPM-Analytik in einem Preprint öffentlich gemacht.5) Als Reaktion darauf publizierten die SPM-Forscher Jesmond Dalli, Charles Serhan und Esteban Gomez Beispiele ihrer Spektren und ein Fließbild, das zeigt, wie sie beim Integrieren von Peaks vorgehen: Es müsse ein „erkennbarer Peak“ vorhanden sein, der zur gleichen Zeit wie die Standardlösung eluiere.6) Ist die Fläche des Peaks dann noch größer als 2000 Counts, kann integriert werden. Dem Fließbild zufolge spielt ein minimales Signal-Rausch-Verhältnis tatsächlich keine Rolle.<h2 type="main">„Zurück auf Los“</h2>„Das hier ist mehr als ein Streit über eine analytische Methode“, sagt Schebb. Den Ausführungen im Frontiers-Paper zufolge erfüllen auch die postulierten Rezeptoren, über die SPMs im Körper ihre Wirkung entfalten sollen, nicht die notwendigen Kriterien. „Viele Experimente dazu wurden nicht so gemacht, wie es sich nach guter Forschungspraxis gehört“, erläutert Offermanns. So fehlten unter anderem Nachweise, dass ohne den postulierten Rezeptor die Wirkung ausbleibt, was normalerweise über Versuche mit Knock-out-Mäusen oder über Expressionssuppression gezeigt werde.Skepsis bestehe auch an der vorgeschlagenen Biosynthese, über die SPMs im Körper entstehen sollen, etwa in Immunzellen, erläutert Dieter Steinhilber. „Wir haben uns die Verbindungen angeschaut, die Leukozyten herstellen, und mit Erstaunen festgestellt, dass die dreifach hydroxylierten Verbindungen wie Lipoxine und einige Resolvine so gut wie gar nicht gebildet werden – auch nicht, wenn wir die Zellen mit Bakterienprodukten stimulierten und die Vorläuferverbindungen dazu gaben.“Schebb, Steinhilber und Offermanns stellen nicht infrage, dass SPMs existieren und dass sie möglicherweise biologisch wirksam sind, wenn sie als künstlich synthetisierte Verbindungen in genügend hohen Konzentrationen auf Zellen gegeben werden. Auch das Konzept an sich, dass Entzündungen im Körper aktiv aufgelöst werden, scheine schlüssig. Aber, so sagt Steinhilber, „die Rezeptoren und die Mediatoren, die dabei bisher im Vordergrund stehen, sind sehr fraglich. Ich denke, wir sollten zurückgehen auf Los und herausfinden, welche Lipidmediatoren tatsächlich eine Rolle spielen.“ Das könnten laut Steinhilber beispielsweise die mono- oder dihydroxylierten Verbindungen sein, für die sich bisher kaum jemand interessiere.<h2 type="main">Trugschluss</h2>Charles Serhan geht auf Nachfrage per E-Mail nicht auf die einzelnen Kritikpunkte ein. Er verweist auf seinen H-Index, die über 2100 publizierten Paper zu Lipoxin, darauf, dass hunderte Forschungsgruppen weltweit SPMs erforschen und unabhängig bestätigt hätten, dass diese Verbindungen im Körper gebildet werden und Entzündungsprozesse potent beeinflussen. Den Autorinnen und Autoren des Reviews in Frontiers wirft er „Fehlverhalten“ vor: Sie hätten wichtige Untersuchungsergebnisse unter den Tisch fallen lassen.Oliver Werz, Professor für pharmazeutische Chemie an der Universität Jena, räumt ein, dass SPMs tatsächlich nicht so einfach zu detektieren seien: Sie lägen schließlich in 10- bis 100-fach geringeren Konzentrationen vor als ihre Gegenspieler, die Leukotriene. „Aber wenn man das richtige Analysesystem verwendet und vor allem die richtigen Extraktionsverfahren einsetzt, dann funktioniert das.“Werz hat seine Doktorarbeit bei Dieter Steinhilber absolviert, später eine Gastprofessur bei Charles Serhan verbracht und forscht seit mehreren Jahren an SPMs. In Serhans Gruppe habe er gelernt, die Matrix der Proben so zu reduzieren, dass sich SPMs detektieren lassen. Seitdem funktioniere die Detektion per LC-MS – auch nach den anerkannten Regeln, was das nötige Signal-Rausch-Verhältnis angeht. „Da sind wir sehr konservativ.“Es brauche aber spezielle Bedingungen, damit Zellen SPMs herstellen. „Ich glaube, viele Forschende, die an dem Frontiers-Review beteiligt sind, erliegen dem Trugschluss, dass die Stimuli, die zur Leukotrien- und Prostaglandinbildung führen, auch zur SPM-Bildung führen müssen, aber das ist nicht so“, sagt Werz. „Die Zelle ist nicht einfach nur ein Sack voller Enzyme, auf den man draufhaut, und dann wird schon das Richtige passieren.“<h2 type="main">Gewebe statt Plasma</h2>Viele SPM-Forscher weltweit verwenden laut Nils Helge Schebb das Detektionsprotokoll aus dem Labor Charles Serhans. Martin Hersberger, Leiter der Abteilung für Klinische Chemie und Biochemie am Universitätskinderspital Zürich, hat hingegen eine eigene Analysenmethode entwickelt.7) Auch er setzt LC-MS ein, aber verwendet ein basisches Laufmittel, was zu einer besseren Ionisierung der Verbindungen führe. Dadurch ließen sich SPMs im Massenspektrum besser detektieren. Und dennoch: „Im Blutplasma sind sie tatsächlich so niedrig konzentriert, dass wir alle mit unserem Detektionslimit kämpfen. Auch wir haben dort nicht alle SPMs messen können.“Den „Missing Link“ für eine Evidenz der SPMs glaubt Hersberger dennoch gefunden zu haben: „Wir haben SPMs jetzt erstmals in der Milz von Mäusen messen können, die mit parenteralem, also über Infusionen mit Fischöl ernährt wurden“, berichtet er. Sein Team detektierte SPM-Konzentrationen von um die 0,2 pg pro mg Milzgewebe, „und da haben wir deutliche Peaks gesehen.“8)Dieter Steinhilber bleibt skeptisch: „Ich habe meine Zweifel, dass solche subnanomolaren Konzentrationen signifikante biologische Effekte auslösen und denen der proinflammatorischen Lipidmediatoren entgegenwirken können, die in 100- bis 1000-fach höheren Konzentrationen gebildet werden.“Dass in punkto SPMs viele Fragen offen sind, bestätigt auch Oliver Werz. Das Review im Frontiers liste diese Punkte richtig auf. „Aber die Schlussfolgerung, dass SPMs fragwürdige Moleküle sind, deren Bioaktivitäten nicht eindeutig sind und dass sie vor allem nicht zur Entzündungsauflösung beitragen, finde ich nicht in Ordnung.“ Es gebe unzählige Arbeiten unterschiedlicher Arbeitsgruppen weltweit, die bewiesen, dass SPMs Entzündungen auflösen und zur Regeneration von Gewebe führen. „Dafür liegen eindeutige Fakten vor.“Schebb und seine Mitautor:innen hoffen derweil, dass ihre Kritik in der Community eine Veränderung anstößt. „Dieses SPM-Konstrukt verhindert, dass man Verbindungen findet, die wirklich wirken“, sagt Schebb. „Offensichtlich falsche Theorien müssen im Sinne des Fortschritts verworfen werden.“Die promovierte Chemikerin Brigitte Osterath arbeitet als freie Wissenschaftsjournalistin in der Nähe von Bonn. <a href="https://www.writingscience.de" target="_blank">www.writingscience.de</a>Bericht in Science über die Zweifel am Konzept der SPMs: doi: 10.1126/science.abq8439<h2 type="main">AUF EINEN BLICK</h2>Lipoxine, Resolvine, Protektine und Maresine, alles trihydroxylierte Derivate polyungesättigter Fettsäuren, gelten seit mehreren Jahrzehnten als entzündungsauflösende Mediatoren (specialised pro-resolving mediators, SPMs).Mehrere Forschungsgruppen konnten die Arbeiten über diese Mediatoren nicht reproduzieren. Im LC-MS lagen die Konzentrationen unter der Nachweisgrenze.Sie fordern, das Konzept der SPMs zu überdenken und nach anderen Wirksubstanzen oder -mechanismen zu suchen.<ul class="references" xml:id="nadc20224132822-bibl-0001" style="numbered" cited="no"><li xml:id="nadc20224132822-bib-0001">1 C. N. Serhan, M. Hamberg, B. Samuelson, Proc. Natl. Acad. Sci. U. S. A. 1984, doi: 10.1073/pnas.81.17.5335</li><li xml:id="nadc20224132822-bib-0002">2 H. Hasturk, F. Schulte, M. Martins et al, Front. Immunol. 2021, doi: 10.3389/ fimmu.2021.704163</li><li xml:id="nadc20224132822-bib-0003">3 N. H. Schebb, H. Kühn, A. S. Kahnt et al, Front. Pharmacol. 2022, doi: 10.3389/fphar.2022.838782</li><li xml:id="nadc20224132822-bib-0004">4 J. Dalli, R. A. Colas, M. E. Walker, C. H. Serhan, Methods Mol. Biol. 2018, doi: 10.1007/978–1–4939–7592–1_4</li><li xml:id="nadc20224132822-bib-0005">5 V. O‘Donnell, N. H. Schebb, G. L. Milne, Zenodo, 2021, doi: 10.5281/zenodo. 5766266</li><li xml:id="nadc20224132822-bib-0006">6 J. Dalli, E. A. Gomez, C. N. Serhan, bioRxiv, April 2022, doi: 10.1101/2022.04.28. 489064</li><li xml:id="nadc20224132822-bib-0007">7 I. Hartling, A. Cremonesi, E. Osuna et al. Clin. Chem. Lab. Med. 2021, doi: 10.1515/cclm-2021–0644</li><li xml:id="nadc20224132822-bib-0008">8 N. Nouressine, I. Hartling, P. Wawrzyniak et al. Am. J. Clin. Nutr. 2022, doi: 10.1093/ajcn/nqac131</li></ul>

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