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<h2>Die Frage aller Fragen</h2>Chemie ist wie Radfahren, man verlernt beides nicht. Oder? Machen wir den Selbstversuch: In diesen Nachrichten auf Seite 651 findet sich eine der Fragen, welche die Schülerinnen beim Internationalen Chemiewettbewerb des Royal Australian Chemical Institute zu beantworten hatten. Im konkreten Fall handelt es sich um eine Frage zu den funktionellen Gruppen eines Peptids und die Aufgabe kommt als besonderes Biest daher: als Quasi-Textaufgabe. Bei der echten Textaufgabe geht es darum, aus einem Text die relevanten Informationen zu extrahieren und (meist) in eine Rechenoperation zu übersetzen. Die Quasi-Textaufgabe imitiert dieses Vorgehen: Bei ihr soll der Text Wissen vermitteln, ohne irgendetwas zur Lösung der eigentlichen Aufgabe beizutragen.Geduld ist also gefragt – und Zurückhaltung bei den Fragen, die auf dem Weg zur eigentlichen, alles entscheidenden Frage aufgeworfen werden. Alles nur falsche Fährten, die uns ablenken sollen. Wir erfahren:dass die Verbindung in Russland gegen Dermatitis und Schuppenflechte eingesetzt wird. (Warum nur in Russland? Ein Hausmittel von Putins Oma?)dass die hygroskopische Substanz beim Gefriertrocknen innerhalb weniger Minuten ein Gel bildet. (Besser sprühtrocknen?)Endlich der erlösende Satz: „Diese Eigenschaft beruht auf den Bindungen, die verschiedene Strukturmerkmale der Verbindung mit Wasser bilden.“ Nun beginnt das Bild klarer zu werden – es geht um die chemische Bindung. Linus Pauling taucht vor meinem inneren Auge auf, ebenso mein Professor aus der Grundvorlesung, ein Bayer durch und durch: „Wissen‘s, die metallische Bindung, die beschreiben‘s am besten mit dem Leberknödelsupp‘n-Modell.“Die eigentliche Frage kommt dann doch recht einfach daher, und mit ein bisschen gutem Willen sieht man schnell, dass es wohl darum geht, sich für eine der vier Antwortmöglichkeiten A, B, C oder D zu entscheiden. Bei einem Multiple-Choice-Test ist statistisch gesehen – so zeigte es der kanadische Erziehungswissenschaftler Robert Runté – stets C die beste Wahl, wenn man überhaupt keine Ahnung von der Antwort hat. Aber das trifft auf uns ja nicht zu, nicht wahr?Wenn Sie die Aufgabe lösen wollen, sollten Sie übrigens aufpassen, wo Sie das tun. Nicht, dass es Ihnen so ergeht wie Carlo Mendzio. Der Wirtschaftsprofessor der University of Pennsylvania machte sich in einem Flugzeug der American Airlines verdächtig. Sein Vergehen: Notizen zu wirtschaftsmathematischen Fragen. Seine Sitznachbarin erschreckten die Differenzialgleichungen zutiefst. Das geht vielen deutschen Schülern genauso – allerdings beschränken sich diese zumeist darauf, ihr Trauma mit T-Shirts wie „Mathe ist ein Arschloch“ oder dergleichen zu verarbeiten. Mendzios Sitznachbarin dagegen alarmierte gleich das Flugpersonal und das die Behörden. Mendzio wurde als Terrorverdächtiger von Bord geleitet und verhört.Man hätte es ahnen können: Mit dem „Ende der Willkommenskultur“ (Zitat Horst Seehofer) wird es nun eng für die Mathematiker. Algebra ist schließlich ein Lehnwort aus dem Arabischen und hat somit im Abendland nichts verloren. Doch auch wir Chemiker sollten uns nicht zu sicher sein. Vermeiden Sie es zum Beispiel unbedingt, die Iod-Azid-Reaktion zum Sulfidnachweis in der Öffentlichkeit auf Papier zu bringen. Denn schnell sind die Elementsymbole I und S oder N und S so fatal kombiniert, dass ein Antiterrorkommando anrückt.Und dann hilft auch kein russisches Peptid mehr. Ihr Christian Remenyi

Meinungsbeitrag

Interskriptum

Die Frage aller FragenChemie ist wie Radfahren, man verlernt beides nicht. Oder? Machen wir den Selbstversuch: In diesen Nachrichten auf Seite 651 findet sich eine der Fragen, welche die Schülerinnen beim Internationalen Chemiewettbewerb des Royal Australian Chemical Institute zu beantworten hatt...

BullvalenIm Nachruf für Gerhard Schröder wurde über die Herkunft des Namens Bullvalen gerätselt [Nachr. Chem. 2016, 64, 456]. Wolfgang R. Roth war mein Doktorvater und hat mir erzählt, dass der Name sich vom Spitznamen für William von Eggers Doering – genannt „Bull“ – ableitet. Ähnliches geschah auch mit Barbaralon, einem Ketoderivat des Bullvalens, dessen Name zu Ehren von Barbara M. Ferrier vergeben wurde.Helmut Meier, Köln<a href="mailto:Helmut-Martin.Meier@kemira.com">Helmut-Martin.Meier@kemira.com</a>Omega-3-FettsäurenZum Leserbrief von Ulrich Massing über Omega-3-Fettsäuren „Überwältigende Evidenz für positive Wirkungen“ [Nachr. Chem. 2016, 64, 457] habe ich folgende Anmerkungen: Mein Beitrag [Nachr. Chem. 2016, 64, 155] fasste nur einige wichtige Punkte meines Übersichtsartikels in Chem. Eur. J. 2014, 20, 14928 zusammen. Herr Massing schreibt, ich würde ohne wissenschaftliche Evidenz den physiologischen Nutzen von Omega-3-Fettsäuren in Frage stellen. Diese Aussage ist durch den oben angeführten Artikel widerlegt. Herr Massing geht nicht darauf ein, dass Omega-3-Fettsäuren das gleiche Strukturelement wie Omega-6-Fettsäuren enthalten. Dieses empfindliche Strukturelement, das alle Pufas charakterisiert, führt schon bei geringster Anregung von Zellen zu einer mehrstufigen Reaktion und schließlich zur Bildung von Peroxylradikalen. Peroxylradikale sind ein bisher kaum beachtetes kurzlebiges Reagenz, das nahezu alle Moleküle mit funktionellen Gruppen angreift und deshalb verantwortlich für eine allgemeine Gewebeschädigung ist. Massive Gewebeschädigung erfolgt beim Homogenisieren von Gewebe, wie bereits in den sechziger Jahren erkannt, aber später nicht beachtet wurde. Da man in fast allen Ernährungsstudien eine homogenisierte Einheitsnahrung verwendete, hat man übersehen, dass beim Homogenisieren Cholesterinester zerstört werden. Daher erhält man, verglichen mit der Untersuchung von intaktem Gewebe, niedrigere Cholesterinwerte. Man betrachtet daher Pufas als Cholesterinsenker, während gesättigte Fettsäuren als schädlich eingestuft wurden.Herr Massing suggeriert, ich würde meine Thesen über Zeitungsartikel verbreiten und Patienten verunsichern. Tatsächlich hat mich vor Jahren eine Journalistin, Frau Bodderas, angerufen, und mich über Lipidperoxidation befragt. Ich gab ihr Auskunft, sie machte daraus den zitierten Artikel in der Welt mit der Überschrift „Das Märchen vom guten Fett“, den ich nicht vor dem Druck zu sehen bekam.<a href="mailto:Gerhard.Spiteller@uni-bayreuth.de">Gerhard.Spiteller@uni-bayreuth.de</a>Glyphosat im Bier IDem Beitrag von Christian Remenyi zum Herbizid Glyphosat [Nachr. Chem. 2016, 64, 452] kann man, was die Risikowahrnehmung vieler Menschen für ihre Gesundheit betrifft, zustimmen. Er reizt aber auch zu einem Einwand. Die Argumentation des Umweltinstituts München mit dem Trinkwassergrenzwert von 0,1 μg·L–1 für Glyphosat ist regulatorisch korrekt. Der Grenzwert soll unter der Annahme von zwei Litern getrunkenem Trinkwasser am Tag selbst bei lebenslanger Aufnahme vor gesundheitlichen Schädigungen schützen. Der Normalbürger fragt sich da natürlich: Wieso darf Trinkwasser nicht mehr als 0,1 μg·L–1 Glyphosat enthalten, bei Bier dagegen scheint sogar ein Vielfaches dieser Konzentration kein gesundheitliches Problem zu sein? Nun wissen wir, dass die allermeisten Menschen nicht zwei Liter Bier pro Tag trinken. Aber bei 0,5 μg·L–1 im Bier wäre es dann schon nur noch knapp eine bayerische „Halbe“. Klar, das Umweltinstitut hätte natürlich auch feststellen müssen, dass es sich bei 0,1 μg·L–1 nur um einen pauschalen vorsorglichen Grenzwert für alle Pflanzenschutzmittelwirkstoffe ohne wirkliche toxikologische Begründung handelt.Genauso geht aber auch die Argumentation mit den 1000 Maß Bier am Kern des Problems vorbei. Denn wenn der Krebsverdacht für Glyphosat tatsächlich begründet sein sollte, gibt es keine sicher unschädliche Aufnahme, zumindest für einen gentoxischen Wirkungszusammenhang, und man würde in der Tat bei einem begründeten Trinkwassergrenzwert im Bereich von 1 μg·L–1 oder noch darunter landen.Rudolf Stockerl,Augsburg<a href="mailto:rudolf.stockerl@lfu.bayern.de">rudolf.stockerl@lfu.bayern.de</a>Glyphosat im Bier IIAus Sicht einer Risikobewertung, würde ich dem Ethanol-Glyphosat-Vergleich so nicht ohne weiteres zustimmen [Nachr. Chem. 2016, 64, 452]. Ja, Ethanol oder die Abbauprodukte können Krebs verursachen, allerdings ist dies eine Frage von Menge und Häufigkeit, denn der Mensch hat eine gewisse Toleranz in Hinblick auf Alkohol.Glyphosat ist dagegen eine künstlich erzeugte Substanz. Das heißt, die Selbstreparaturmechanismen des Körpers sind eher nicht darauf eingestellt. Zudem gibt es Wechselwirkungseffekte bei Kanzerogenität, die meistens ausgeblendet werden. Da wirken unter Umständen mehrere Stoffe zusammen deutlich schädlicher als einer alleine, und Glyphosat kommt auf vielen Wegen in den Körper.Ulrich Scharfenort, Duisburg-RheinhausenFilmographie West und Filmographie OstHerzlichen Dank für die Film-Beiträge im Aprilheft [Nachr. Chem. 2016, 64, 443]. Der „Rat der Götter“ ist für mich nur Historie, die Beschreibung erinnert mich aber an Staudtes „Die Mörder sind unter uns“. Das war ebenfalls noch ein Defafilm, Staudtes „Rosen für den Staatsanwalt“ und „Herrenpartie“ wurden erst in der BRD gedreht, aber (naheliegend) auch in der DDR gezeigt.Den Beinahe-Bond „Topas“ gab es im DDR-Kino nicht, Hitchcock galt dort als Inkarnation der Dekadenz. Ich kann also nicht mithalten im Streit um den schlechtesten Hitchcockfilm, aber für den Wettbewerb biete ich „Der zerrissene Vorhang“. Er war schauspielerisch gut, allein schon Wolfgang Kieling (vor oder nach seinem DDR-Interim?) und Hans-Jörg Felmy (Tatortkommissar Haferkamp) als Stasioffiziere spielten hervorragend. Geärgert habe ich mich aber über die handwerkliche Schlamperei, da zum Beispiel anstelle aktueller Bilder die Uni Leipzig lediglich durch eine Vorkriegspostkarte gezeigt wurde. Das Gebäude mit dem Schinkel-Tor stand zur Stasizeit nur noch weitgehend zerstört am Karl-Marx-Platz (heute wieder Augustusplatz), direkt angrenzend an die 1968 auf Walter Ulbrichts Befehl gesprengte Universitätskirche St. Pauli.Gestatten Sie in diesem Zusammenhang noch ein paar Zeilen über einen weiteren Film, der nicht im Kino lief, aber vor zirka zehn Jahren einmal in der ARD gezeigt wurde. Nicht im Kino deshalb, weil es nur eine kurze Szene auf einem Amateur-Schwarzweißfilm (8 mm?) ist, der heimlich bei der Sprengung der Universitätskirche gedreht wurde. In dem kurzen Film sieht man die Kirche und ihren Zusammenbruch in einem riesigen Staubpilz, das eigentlich Bewegende ist das langsame Absinken dieser Wolke und von oben nach unten wachsend taucht der Turm der Nikolaikirche auf, als hätte Gott sagen wollen „Meine Kirche kriegt ihr nicht kaputt!“ Die Nikolaikirche war ja 1989 auch der Treff- und Ausgangspunkt der Montagsdemonstrationen.Ich hoffe auf weitere Filmbeiträge in den Blauen Blättern.Wolfgang Sobek, Leipzig<a href="mailto:sobek@prof-sobek-materials.com">sobek@prof-sobek-materials.com</a>Alternative, nicht ImperativIn der Aprilausgabe schreibt Heribert Offermanns [Nachr. Chem. 2016, 64, 440]: „Die Vorstellung einer Welt und einer Chemie mit alternativen Energien und Kohlenstoffquellen zieht sich wie ein roter Faden durch die Forschung der technischen Chemie an der RWTH Aachen.“ Alle Achtung vor der Forschung und Entwicklung von Alternativen. Es sind Alternativen für die Zukunft, aber sie sind kein Imperativ, wie es in dem Beitrag dargestellt wird. Der energetische Imperativ von Wilhelm Oswald – „Vergeude keine Energie, nutze sie“ gilt dagegen uneingeschränkt. Das bedeutet aber nicht eine Weltwirtschaft ohne fossile Rohstoffe. Für die Erschließung alternativer Quellen muss zunächst ein erheblicher Energieaufwand betrieben werden. Und warum soll man etwas herstellen, was noch im hohen Maße vorliegt? Energieverschwendung! Das CO2 wird verteufelt und als Schadstoff dargestellt. Es ist etwas billig, das CO2 als Ursache für die Erwärmung verantwortlich zu machen. Wasser und Wolken haben einen wesentlich höheren Treibhauseffekt. Die Natur kann CO2 viel besser verwerten, sie braucht dazu keinen Wasserstoff. Und alle fossilen Rohstoffe stammen schließlich aus nachwachsenden Stoffen. Dem stimme ich allerdings voll zu, es ist zu schade, Erdöl zu verbrennen. Es ist für die Chemie der ideale Rohstoff.Dieter Cornelius, DarmstadtAuf das Netzwerk kommt es anDer Artikel „Keine Stelle mehr an der Uni – noch keine in der Industrie“ [Nachr. Chem. 2016, 64, 591] irritiert mich in höchstem Maß. Ist das Lebenshilfe für ein Vorsingen beim Abeitsamt? Der Staat ist doch nicht dafür da, gut ausgebildeten Leuten die Bewerbungen durchzusehen oder möglichst passgenaue Seminare „Wie finde ich einen Job?“ anzubieten. Wozu hat es eine Chemikerin oder ein Chemiker, gut ausgebildet, also wissend und auch fleißig, überhaupt nötig, die Agentur für Arbeit zu kontaktieren?Wer darauf wartet, in Kontakt mit dem Arbeitsmarkt zu treten, bis er oder sie das Diplom, den Master oder den Doktortitel in der Tasche hat, kann keine komplexen Probleme managen, schon gar nicht seine eigenen. Jobsuche fängt spätestens zwölf Monate vor der letzten Prüfung an.Wer Mitglied der GDCh ist und seine Netzwerke pflegt, zum Beispiel regelmäßig die bundesweiten Stammtische der Vereinigung Chemie und Wirtschaft oder GDCh-Kongresse besucht, schreibt seine Bewerbung nur pro forma. Jobs werden nicht über Stellenanzeigen und Bewerbungen vergeben, sondern man holt sich seine Stelle über sein Netzwerk.Die wichtigen und richtigen Jobs im Leben werden nur über Netzwerke vergeben – oder haben Sie sich noch nie gefragt, warum es so viele Personalvermittler gibt? Im Netzwerk findet Personalvermittlung auf Augenhöhe statt.Holger Bengs, Frankfurtüber die GDCh-Xing-Gruppe Information. Netzwerk. Chemie.Die „Korrespondenz“ veröffentlicht Briefe an die Redaktion. Gedruckt und online steht sie allen Lesern der Nachrichten aus der Chemie offen. Bitte senden Sie Ihre Zuschrift mit einem Umfang von maximal 1500 Zeichen als E-Mail an: <a href="mailto:nachrichten@gdch.de">nachrichten@gdch.de</a>. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor.

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