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Biotechnologie für Chemiker, Teil 7

Downstream-Processing, Part II

Bei extrazellulär entstehenden Produkten ist die Aufarbeitung leichter, als bei intrazelluär gebildeten Stoffen, weil der Zellaufschluss entfällt. Die Abtrennung der Biomasse von der restlichen fluiden Phase kann durch Ausnutzung der physikalischen Effekte der Sedimentation, Zentrifugation, Filtration und Flotation realisiert werden.

Bei der Sedimentation wirkt die Schwerkraft auf jedes Teilchen, dessen Dichte größer als jene von Wasser ist. Es benötigt somit eine gewisse Zeitspanne bis das Teilchen abgesunken ist. Dies ist abhängig vom jeweiligen Dichteunterschied zwischen teilchen und dem umgebenden Medium. In Kläranlagen kommen nach den physikalischen Reinigungsstufen, wie z. B. Rechen, Sandfang, weitere Bearbeitungsschritte, die im Vorklär-, Belebungs- und das Nachklärbecken ablaufen. In den Vorklär- und Nachklärbecken erfolgt die Sedimentation der Teilchen bei geringen Fließgeschwindigkeiten. Hier kommt die Klärflächenbelastung ins Spiel, bei der über die Änderung des Fließquerschnitts die vorhandene Fließgeschwindigkeit noch weiter reduziert wird, so dass die Teilchen genügend Zeit haben sich abzusetzen. Im Belebungsbecken läuft das Belebtschlammverfahren, in dem Bakterien gelöste Stoffe umwandeln. Es gibt hier das sogenannte Sequencing-Batch-Verfahren, in dem die Anlage zuerst anaerob und anschließend aerob gefahren wird. Die Luftzufuhr erfolgt hierbei von unten und es wird auch noch gerührt, damit sich die Luftbläschen gleichmässig verteilen. Eine Kläranlage ist also ein Konti-Fermenter.

Da die Sedimentation über die Schwerkraft ziemlich zeitintensiv ist, bietet es sich an, als Alternative eine Zentrifuge mit variabler Drehzahl zu einzusetzen. Damit kann die Absinkgeschwindigkeit der Teilchen deutlich erhöht werden und die erforderliche Zeitspanne ebenfalls deutlich verkürzt werden. Hier gibt es verschiedene Zentrifugen, wie z. B. die Röhren-, die Kammer-, die Tellerzentrifuge (vertikale Drehachse) und den Dekanter (horizontale Drehachse).
Alle vier können kontinuierlich betrieben werden, so dass sie auch für den Einsatz bei einem Konti-Fermenter geeignet sind. Über diese Zentrifugen, wie z. B. der Tellerzentrifuge, wird auch die Klärung von Säften, Bier, Most und Wein durchgeführt. Der Feststoffaustrag kann manuell, intermittierend oder automatisch kontinuierlich erfolgen. Des weiteren werden sie auch in der chemischen und pharmazeutischen Industrie eingesetzt. Sie werden 2-Phasen-Separator genannt. Es gibt von einer Firma auch ein 3-Phasen-Separator, der gleichzeitig eine feste Phase und zwei, sich in der Dichte unterscheidende, Flüssigkeiten trennen kann.

Als dritte Möglichkeit die Biomasse von der Fermenterbrühe abzutrennen, gibt es noch die Filtration mit Membranen unterschiedlicher Porenweite. Diese können auch in den Bioreaktor- Prozeß integriert sein, so dass die Biomasse im Kreis geführt und damit die Produktivität erhöht wird. Folgende Membranen stehen zur Verfügung: Mikro- (MF), Ultra- (UF), Nano- (NF) Filtration und eine für die Umkehrosmose (UO oder englisch RO, reversed osmosis). Je feiner die Poren einer Membran, desto höher der notwendige Betriebsdruck.
Mit der Mikrofiltration kann Biomasse zurückgehalten werden, während eine Ultrafiltration Proteine nicht passieren lässt. Ultra- und Nanofiltrationen dienen übrigens auch dem Zweck der Sterilfiltration. Jeder, der einmal filtriert hat, kennt die Problematik mit dem Filterkuchen und dem Verstopfen der Poren für das Filtrat.
In der Biotechnologie nutzt man das Verfahren der „tangential-flow-filtration“ bzw. Querstromfiltration, bei der ein Zusetzen der Filterporen durch Teilchen vermieden werden kann, weil die Anströmung der zu filtrierenden Phase quer zur Oberfläche des Filters erfolgt. Last not least kommen auch Filterzentrifugen zum Einsatz, die beschleunigte Sedimentation und Filtration in einem Prozeß vereinigen.

Eine weitere Möglichkeit bildet die Flotation, mit der Biomasse abgetrennt werden kann. Sie läuft etwas anders ab, als jene, die jeder Chemiker vom Studium her kennt, denn Erze können auch durch Flotationsverfahren gewonnen werden, d.h. unter Verwendung von Sammlern (anionische oder kationische Tenside).
In der Biotechnologie ist es insofern anders, weil hier der Einsatz von Tensiden Probleme mit den Zellmembranen mit sich zieht, da diese dann eventuell lysiert werden. Des weiteren würde Schaumbildung erfolgen, die generell unerwünscht ist.
Soll eine trübe Brühe flotiert werden, dann wird Luft in die trübe Fermenterbrühe eingepresst. Anschließend erfolgt eine schlagartige Entspannung (Druckabsenkung), so dass sich viele kleine Bläschen bilden, die den Trub (bei Säften, Most, Wein) nach oben treiben. Dort kann dieser dann abgeschöpft werden. Diese Art und Weise ist bei der Herstellung von Getränken mit unterschiedlichem Trubgehalt recht weit verbreitet. Es existieren kontinuierlich (z. B. 40.000 l/h) und diskontinuierlich (z. B. 5000 l/h) betriebene Anlagen.

Biotechnologie für Chemiker

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